Am 11.11.2023 um 11:11 Uhr befindet sich der Tourist im eigenen Land im Kraftfahrzeug auf der Südautobahn kurz vor dem Wechselgebirge, denn der Weg führt zur Burg Schlaining.
Das Wetter ist zwar nicht herausragend, aber man möchte sich nicht davon abhalten lassen, vor dem unausweichlichen Einbruch der Kältesaison Auge und Geist neues und abwechslungsreiches Metier zu gönnen.
Soeben angekommen, stellt man fest, dass es an diesem Tag nicht allzu überlaufen ist; der Weg führt vom nahegelegenen Parkplatz bis zur Brücke über den Graben ...
... und das das elegante Burgtor lädt den Besucher zum Eintritt ein.
Beim zweiten Tor rechterhand ein Zitat aus dem bedeutenden mittelalterlichen Sachsenspiegel ("ich tzimbere so man seget bi wege; des muß ich mannegen meister han").
Eine Messingplatte übersetzt ungefährt so:
Da ich baue, wie man sagt, an der Strassen,
muss ich mir manchen Besserwisser gefallen lassen.
Nach einer Portion Speisekastanien im Burghof ...
... führt der Weg durch ein unscheinbares Portal ...
in die Jubiläumsausstellung zum 100. Jahrestag des Bestehens des Burgenlandes.
Die stilisierten goldenen Sonnen stellen jeweils eine Gemeinde des Burgenlandes dar und der Reisende findet sich in der einen oder anderen Form wieder.
Nach dem Ende des ersten Weltkrieges gab es bekannterweise Volksabstimmungen in den österreich-ungarischen Grenzgebieten, in deren Rahmen die Bevölkerungen befragt wurden, welchem Staat sie und ihre Bezirke (ungarisch "Komitate") zugeschlagen werden sollten.
Bezüglich der Plakate war man sowohl auf ungarischer ...
... als auch auf österreichischer Seite wenig diffizil.
Der Besucher erinnert sich an die Inschrift vom Bahnhof in Prag, welche das berühmte Zitat des US Präsidenten Woodrow Wilson zum Selbstbestimmungsrecht der Völker trägt und fragt sich wieder einmal, was denn nun genau ein Volk ausmachen würde, denn Sprache, Religionszugehörigkeit und Hautfarbe scheinen auch in der heutigen Zeit keine guten Kriterien für Grenzziehungen zu sein; vorausgesetzt natürlich, man hat ein friedliches Miteinander im Sinn.
In einer Vitrine eine Brosche der Kaiserin Zita ...
... in einer anderen eine Seitenkopie der Venediger Protokolle, welche mitunter auf die staatliche Zugehörigkeit von Sopron (Ödenburg) Auswirkung hatten.
Ein paar Schritte weiter wohl eine ehemalige Feuerstelle der Burg.
Viele Burgenländer sind auch international auf Achse gegangen. Dazu gibt es einige Artefakte zu bestaunen ...
... zum Beispiel einen Feldstecher sowjetischer Bauart.
In der Ausstellung wird unter anderem hervorgestrichen, dass man im Burgenland an friedlichen Lösungen gearbeitet habe ...
... und die burgenländische Identität wird sogleich über das Tafeln ...
... den Wein ...
... und Rezepte gefeiert.
An den Friedensflieger Mathias Rust, der mit einem Kleinflugzeug auf dem Roten Platz in Moskau landete, kann man sich heute vielleicht noch erinnern.
Jetzt lernt der Reisende, dass der Müllermeister "Joni" Stipkovits 1958 auf seiner Friedenstour - und auf seiner Suche nach Atlantis - mit seinem selbstgebauten Motorsegler "PAX" die Donau hinunter einige Länder hinter dem eisernen Vorhang bereiste.
Stücke aus Weidengeflecht, das Handwerk ist ein Kulturgut des Burgenlandes, sollen, an einer Gangdecke hängend, politisches Flechtwerk versinnbildlichen ...
... man findet eine Wendeltreppe ...
... einen leeren Salon mit tollem Kachelofen ...
... ein Modell eines Grenzwachturmes des eisernen Vorhangs ...
... und über Gänge mit kunstvollen Fotoinstallationen ...
... gelangt der Hobbyfotograf in einen Ausstellungsbereich zur burgenländischen Kunst ...
... wo Haydn natürlich nicht fehlen darf.
Vereine werden mittels überdimensionalem "WIR" in der Raummitte zusammengefasst ...
... und nach einem raschen Blick aus dem Fenster ...
... schleicht sich der Fotograf noch kurz in den Schwarzen Hof, der eigentlich für eine Hochzeitsfeier gesperrt ist ...
... und nimmt beim Hinausgehen das Relief auf der Gedenktafel des Andreas Baumkirchner (1420/1422-1471) wahr.
Nun hat der Besucher die Burg verlassen und macht sich auf die Suche nach dem jüdischen Erbe von Stadtschlaining. Nach einigem herumirren und letztlich geduldiger Führung einer Einheimischen findet man den dritten jüdischen Friedhof ...
... in den von außen eingesehen werden kann.
Die dem Vernehmen nach wunderschön renovierte ehemalige Synogoge im Ortskern lässt man dann doch aus. Kurz vor der Abfahrt, der Weg führt ins unweit gelegene Sankt Martin bei Oberwart, um dort zünftig einzuschneiden, wirft der Reisende von weiter oben einen letzten Blick auf die Burg, um Adieu zu sagen.